Samstag, 16. August 2014

Saratow_Samara

Auf der Fahrt von Wolgograd nach Saratow möchte ich Umwelt und Landschaft bei ruhiger Fahrt genießen. Deshalb habe ich keine Hauptstraße, sondern eine Landstraße geplant. Der Straßenzustand ist wechselhaft, von schlecht bis akzeptabel. Ab 11:00 bin ich allein auf der Straße. Um 11:30 sind es noch 150 km bis Saratow. Ich freue mich schon auf einen schönen Nachmittag in der Stadt. Aber es kommt ja immer anders. Schlagartig endet die Straße und geht in ein kurzes Stück unbefestigten Weg über (ich denke schon: oh nein, nicht wieder die Strecke zurückfahren). Der Weg endet nur an einem Fluß und ich stehe vor einem Fähranleger. Allerdings sieht alles sehr verlassen aus und ich bin mir nicht sicher, ob hier Fährverkehr stattfindet. Jetzt verstehe ich, warum ich snst niemenden auf der Straße gesehen habe. Nach längerem Suchen kann ich endlich jemanden im Schlaf stören, der mir dann unfreundlich versucht rüberzubringen, dass die nächste Fähre in 5 Stunden geht. Ich meine, das alles falsch verstanden zu haben bis sich noch jemand hierher verirrt und die Angaben bestätigt. Ich bekomme aber auch die Information über Alternativen: Straßenroute mit 200 km Umweg oder Fähre vom Dorf Mikhailovka (50 km entfernt / geht angeblich stündlich). Da der eigentlich ganz schöne Ort am Fähranleger leider extrem mit Abfall verunstaltet ist, beschließe ich, die Zeit zu nutzen und die alternative Fährverbindung zu prüfen. Auf der Fahrt dahin wird die 40°C Marke geknackt. Es ist unangenehm, mit geöffnetem Klapphelm zu fahren, da der Luftzug einem sehr heißen Haarfön gleichkommt. Als angenehmste Art stellt sich ein geschlossener Helm mit offenem Visier heraus. der Blick geht immer wieder zum Schalter der Griffheizung. Aber die ist aus. Jetzt leide ich auch noch unter Spritmangel. Hoffentlich kommt noch eine Tankstelle. Ich habe Glück, denn am Ortseingang von Mikhailovka gibt es eine Tankstelle (mit aircon=gut zum Abkühlen) und ich finde den Fähranleger. Ab hier geht eine Passagierfähre. Super. Aber, es gibt in der Nähe auch eine Autofähre. Dort erfahre ich, daß diese in 3,5 Stunden geht und für mich auf der anderen Flussseite 70 zusätliche Kilometer über fragliche Straßen bedeutet. Also zürück zur ersten Fähre. Hier ist mittlerweile Leben eingekehrt. Es warten 5 Autos. Ich komme mit Ramina und ihrer Familie ins Gespräch. Sie wohnen in Ufa und laden mich herzlich auf einen Besuch ein. Ein weiterer Fährenpassagier bewundert mein Bike. Ich frage ihn, ob er eine Probefahrt machen möchte und er stimmt zu meinem Entsetzen zu. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Er schlägt sich ganz gut. Nach 2x Abwürgen klappt das Fahren. Endlich kommt die Fähre. Nach Entladen der ankommenden Autos und weiteren 1,5 Stunden Warten dürfen wir an Bord. Die Überfahrt dauert 0,5 Stunden und ich bin um 17:30 auf der anderen Seite. Jetzt werde ich schnell die 150 km herunterreißen und mir dann ein Feierabendbier gönnen. Nach 80 km schickt mich das Navi auf eine schmale Betonstraße, die nach 4 km in einem Sandweg endet. Nein, das will ich nicht. Ich habe keine praktische Sanderfahrung. Also zurück zur Hauptstraße, obwohl das Navi schreit. Nach 2 km auf der Hauptstraße geht diese in eine Baustelle mit noch übleren Sandpassagen über, die von Lkw befahren werden. Man sieht außer Staub garnichts. Also zurück zur Nebenstraße und den Sand vorsichtig angehen (nicht in der korrekten Fahrweise, sondern ganz langsam. Funktioniert nur, weil es sich überwiegend um einen versandeten festen Untergrund handelt). Jetzt nur das Bike nicht wegwerfen, denn ich weiß mitllerweile, dass ich es mit Gepäck nicht alleine aufheben kann. Das rettende "Ufer" kommt nach 4 km in Form einer Asphaltstraße in Sicht. Noch 30 m und ich erwische die falsche Spur. Das Vorderrad sinkt etwas ein und ich vergrabe auch noch das Hinterrad. Beim Versuch mit Kupplung und Schaukeln frei zu kommen stelle ich fest, dass das Bike es besser kann. Die Antischlupfregelung (ASC) habe ich auf Geländemodus stehen und mit Kupplung loslassen und am Gas bleiben wühlt sich das Bike mit den Zündunterbrechern durch den Sand zum rettenden Ufer. Jetzt aber zum Hotel. Ich finde es nur mit Hilfe eines russischen Bikers, der deutsch spricht und Waldemar Weber heißt. Am Hotel bestehen Wirtin und Waldemar darauf, dass das Bike in eine verschließbare Box komm, deren Innenmaße genau der Länge des Bikes entsprechen. Das geht nur mit Hilfe weiterer Personen, die das Hinterrad erst mal auf die Treppe heben. Geschafft. Waldemar kommt morgen um 7:00 Uhr um das Bike zu "befreien". Fotos von der Wolgapromenade fallen aus und ich bin um 22:15 im Restaurant. Während ich an der Theke lehne und auf  meinen (zunächst verweigerten) Platz auf der Terasse warte, "grinst" mich ein Zapfhahn mit der Aufschrift "Erdinger" an. Es gibt Hefeweizen vom Fass. Ich esse gut und trinke Hefeweizen. Die Getränke waren teurer als das Essen.

Am nächsten Tag klopft Waldemar pünktlich an meine Tür, schenkt mir eine Tüte Nüsse mit Trockenfrüchten (eine Art selbstgemachtes Studentenfutter) und wir befreien das Bike. Noch schnell ein Blick auf die etwas im Dunst liegende Wolga und dann auf die Straße nach Samara. Für die 10 km zur Stadtgrenze brauche ich 45 min. bei mittlerweile wieder 30° plus. Die Fahrt verläuft quälend bei Hitze, mörderischem Verkehr und schlechten uninteressanten Straßen. Am Abend gönne ich mir ein Schaschlik (einzige Möglichkeit, da es keinerlei Verständigung gibt) auf einer Restauranterasse mit Blick auf die Wolga.

einsamer Fähranleger

ganz nette Umgebung/Landschaft, aber......
......der allgegenwärtige Abfall stört doch


die Fähre kommt an (schwimmt die auch wirklich?)

maßgeschneiderte Box fürs Bike

Blick auf die etwas dunstige Wolga

ist ja wohl klar, das ist das Hotel Yalta

Badevergnügen an der Wolga in Samara

"Vergnügungsdampfer"

"Restaurantmeile" in Samara am Abend

2 Kommentare:

  1. Hallo Horst, bin zufällig über Deinen Blog gestoßen. So langsam beginnt das echte Abenteuer... bin gespannt, wie es weiter geht und bleibe dabei.

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  2. Hallo Sonja,
    freut mich. Ich werde mich bemühen Erlebnisse und Eindrücke hautnah rüberzubringen.
    Gruß
    Horst

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